Tag 263:
Ich will es einfach nicht genug

Nachdem ich in den letzten Tagen einen emotionalen Domino-Day erfahren habe und die Steinchen/Erkenntnisse in meinem Kopf wie verrückt umgefallen sind, möchte ich mich heute noch einmal an eine übergeordnete Zusammenfassung dessen wagen, wie ich das ganze Thema mit meinem Ex-Kollegen heute sehe.

Nach all den Reflexionen der letzten Tage ist mir klargeworden, dass ich es mit ihm einfach nicht genug will, um irgendwelche Aktionen in seine Richtung zu starten. Dafür haben unsere Leben und Wesen einfach zu wenige Überschneidungspunkte. Mehr noch, ich glaube, dass ich es die ganze Zeit nicht genug wollte und es vielleicht genau deshalb nicht funktioniert hat. Ich habe das was in mir war, in der Art und Weise gespiegelt bekommen, wie ich ihn und sein Verhalten mir gegenüber wahrgenommen habe. Weil ich ihn nicht wirklich wollte, habe ich alles was er tat immer so interpretiert, als ob er mich nicht wollen würde. Ob das stimmt oder nicht, weiß nur er. Aber ich weiß jetzt auf jeden Fall, was für mich gilt.

Ich erinnere mich noch an eine Nacht, währenddessen ich ihn im letzten Jahr besucht hatte. Er schlief wie ein Stein und lag regungslos und auch annäherungslos neben mir. Ich konnte in der Nacht nicht schlafen, weil mich die Gesamtsituation total belastete und hatte folgenden Gedanken: „Ich liebe ihn ohne jemals in ihn verliebt gewesen zu sein.“ Was ich damit meine ist: Ich finde, dass er ein wundervoller Mensch ist, aber der Funke, der aus zwei Menschen mehr als eine Freundschaft oder Affäre macht, ist einfach nicht übergesprungen.

Wenn du dich fragst ob es geht, geht es nicht.

Ich würde mich sicherlich von ihm auf Händen tragen lassen, wenn er mich wollen würde. Aber ich will ihn nicht genug, um mich dafür aus dem Fenster zu lehnen. In etwa so war auch immer meine Sicht auf ihn: Ich hatte stets das Gefühl, dass er sich mir beweisen muss, weil ich nicht so richtig wusste, was ich von ihm halten soll. Ich beäugte alles was er tat mit kritischen Augen und vergab imaginäre Punkte bzw. wägte ab, ob sein Verhalten bzw. er mir reichen würde. Doch Liebe hat keine Bewertungsskala und dieses Sicht auf einen Menschen ist einfach nur unfair und blödsinnig. Wenn du dich fragst ob es geht, geht es nicht. Ich fand ihn nett und genoss seine Aufmerksamkeiten, weil ich in meiner Vergangenheit einfach so tickte – ich war emotional bedürftig und ließ mir meine Wunden von außen beflastern als sie von innen zu heilen. Und sicherlich hatte auch mein Ego einen Anteil an all dem und seiner Präsenz in meinen Gedanken – denn diese kleine Diva in mir, will immer die Schönste und Begehrenswerteste sein und gibt keine Ruhe, bis sie nicht die Bestätigung von außen bekommen hat, nachdem sie sich seht – in dem Fall ein Mann, der mir zu Füßen liegt, mich wundervoll findet und anhimmelt. Nur nach der Erreichung dieses Ziels hätte es wenig gegeben, was uns zusammengehalten hätte.

Wenn ich die Reise mit ihm bis heute betrachte, dann bin ich wahnsinnig froh, dass er sich in mein Leben gefunden und es so auf den Kopf gestellt hat. Auch für die Turbulenzen der letzten Monate und meine Verwirrtheitszustände bin ich mehr als dankbar, denn es hat mir die Gelegenheit gegeben noch einmal ganz tief in mich hineinzuspüren und Dinge aufzudecken, die mir bis dahin noch nicht klar waren.

Wenn ich an ihn denke, dann bin ich voller Liebe. Und ich merke – nachdem ich noch einmal so vieles von dem, was ich ihm die ganze Zeit sagen wollte, in meinen Texten verarbeitet habe – dass die Luft zwischen uns geklärt ist und die letzten Funken Groll, die bis vor wenigen Tagen doch noch in mir waren, aufgelöst sind.

Die Sache mit ihm hat mir gezeigt, dass ich heute viel ruhiger geworden bin, wenn es um Männer geht. Früher hätte ich das Gefühl gehabt auf Basis aufkommender Gefühle direkt handeln zu müssens. Erstens um mich ihrer und der damit einhergehenden Verwirrung zu entledigen und zweitens, um bloß keine Zeit verstreichen zu lassen, um für ihn/uns ergo die damit verbundende Aufmerksamkeit, Bestätigung und Ablenkung im Außen zu kämpfen. Ich merke, wie ich mich von meinen alten emotionalen Mustern löse. Und das tut so unfassbar gut.

Was ich durch meine Reflexionen der letzten Tage erkannt habe ist, dass all mein Leid in den letzten Jahren, das ich mit Männer und auch ganz generell hatte, komplett selbst gemacht war. Denn ich bin mit meinen Gefühlen statt nach innen ins Außen gegangen und habe gedacht, dass alles gut werden wird, wenn es nur mit dem Mann gut werden wird, der gerade in meinem Leben präsent war – wieder und wieder und wieder. Früher hätte ich irgendwelche Vorwände gefunden um ihm zu schreiben und so näher an ihn heranzukommen und mich an der Situation zu reiben. Ich war emotional total abhängig und habe gemerkt, wie unabhängig, mutig und stark ich geworden bin. Ich bin gerade wahnsinnig stolz auf mich. Indem ich Sachen einfach mal anders gemacht habe, habe ich erkannt, dass sich nur meine Herangehensweise ändern musste. Meine Probleme mit Männern waren nur meine Projektionsfläche um das zu erkennen und aufzulösen. Statt wochen- und monatelang darauf zu warten, dass er sich vielleicht mal wieder meldet, hab ich mich einfach bei mir selbst gemeldet. Denn es war gar nicht so sehr die Aufmerksamkeit, die ich von ihm wollte, sondern meine Aufmerksamkeit für mich und das, was sich in mir zeigen wollte. Klingt irgendwie ziemlich einfach, aber für diese Erkenntnis brauchte ich viele Jahre.

Ehrlich gesagt, bin ich sehr gespannt, wie die Zeit werden wird, wenn ich wieder anfange Männer auf mehr als platonischer Ebene kennenzulernen. Es sind noch ein wenig mehr als 100 Tage. Irgendwie geht es mir gerade mit mir so gut, dass ich noch gar nicht daran denken will. Wenn ich mir etwas wünschen darf, dann würde ich gern die Ruhe, die ich aktuell in mir habe, auch beim Kennenlernen mit Männern genauso beibehalten. Nur eines weiß ich, ich habe keine Eile es damit auszuprobieren. Dafür habe ich mittlerweile zu gut gelernt mit mir selbst zu sein und bin gerade mit mir selbst und der Zeit zum Nachdenken sowie dafür noch weiter zur Ruhe kommen einfach zu glücklich.

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