Tag 80:
Selbstsabotage

Gerade merke ich wieder extrem wie meine Abwehrmechanismen zuschlagen, damit ich mich bloß nicht zu sehr mit mir selbst beschäftige. Ich habe aktuell ein paar Tage frei, um über all die Themen der letzten Wochen nachzudenken und zu überlegen wie ich damit umgehe möchte. Eigentlich eine wundervolle Situation, in der ich endlich Zeit habe all die Dinge zu machen, denen ich meine Zeit so gern widmen will. Lesen, regelmäßig Sport machen, meditieren etc. Doch anstatt all die Genussmomente, die mir als Ausgleich zu meinem Beruf so wichtig sind, zu verfolgen, merke ich, wie ich mich selbst sabotiere.

Statt so wie geplant intensiv in mich hineinzuspüren und mich mit den Trauma-Büchern zu beschäftigen, kommen unzählige Dinge auf, die ich schon lange machen wollte oder sollte. Plötzlich will meine Wohnung geputzt, aufgeräumt oder neu dekoriert werden. Anstatt meine Zeit fokussiert mit der Reflexion über die mir wichtigen Themen zu beschäftigen, trödele ich rum, bin auf Social Media oder beschäftige mich mit den Problemen anderer.

Irgendetwas in mir, wehrt sich mit aller Kraft dagegen entdeckt zu werden. Ist es das Trauma, das nicht entdeckt werden will oder ist es die Fassade, die sich um meine Traumen herum gebildet hat und jetzt Angst hat in Zukunft überflüssig zu sein? Was auch immer es ist, es zieht an allen Seiten und will mir andere Aktivitäten viel schöner reden, als die Beschäftigung mit mir selbst.

Gesunder Zeitvertreib vs. Zeitverschwendung

Freizeitstress ist das, was die heutige Gesellschaft fortwährend und auch noch an den Wochenenden beschäftigt hält. Ausreichend Zeit, um die Seele mal wirklich frei und ungebremst baumeln zu lassen, ist eher selten. Schließlich gibt es so viele Angebote und so viel zu tun, das ohne Frage Spaß macht und schön ist. Ein langweiliges Leben ist heute ja mindestens genauso verpönt wie eine verkorkste Beziehung, aus der man sich nicht trennt.

Es ist ein schmaler Grat zwischen einem gesunden Zeitvertreib und einem erfüllten und breit aufgestellten Leben versus der Flucht in Hobbies und Aktivitäten, damit man sich nicht mit sich selbst beschäftigen muss. Es gibt hier sicher nicht die reine Lehre und die Grenzen können nicht genau gezogen werden. Die Abgrenzung ist individuell und schwebend. Doch bei einem bin ich mir sicher: Jeder kennt sie.

Es ist das Scrollen durch die News Feeds ohne an irgendetwas wirklich Interesse zu haben.

Die Beschäftigung mit dem Leben anderer durch das Türchen der Social Media Welt.

Essen ohne hungrig zu sein.

Sex zu haben, ohne wirklich Lust zu verspüren.

Sich mehr um seine Poren und das Makeup zu kümmern, als sich Zeit für sich selbst zu nehmen.

Die E-Mail noch ein fünftes Mal durchzulesen, um sicher zu gehen, dass kein Fehler darin ist und nichts missverständlich formuliert ist.

Es das Putzen und Aufräumen, obwohl man sich eigentlich vorgenommen hatte sein Inneres zu reinigen. Und zu glauben, dass wenn man dies alles bewerkstelligt hätte, sich dann besser und ruhiger fühlen würde.

Das um die Häuser ziehen – wieder und wieder um nicht allein nach Hause zu müssen.

Das Betäuben mit Alkohol oder anderen Substanzen.

Die Eifersucht genauso wie eine zermürbende Sehnsucht.

Es ist das Laufen, das mehr ein Weglaufen vor den eigenen Problemem ist.

Der Sport, der einen in einen Tunnel versetzt und man jegliches Zetern seines Körpers unterdrückt.

Den Muskelkater spüren statt das Ziehen, Pochen und Beben der eigenen Seele.

Das Getriebensein, statt den Moment zu genießen.

Das im Außen sein und Fotos und Videos für andere zu machen, anstatt das Jetzt selbst mit jeder Faser in seiner Gänze auszukosten.

Es ist der plötzliche Gefühlstod sobald sich gewisse Routinen in die Beziehung eingespielt haben, um nicht weiter in die Tiefe der Beziehung gehen zu müssen und sich stattdessen mit Liebeskummer und neuer Suche nach Beziehungsglück beschäftigen zu können.

Das Aufregen über Dinge, die Nebensächlichkeiten sind oder man vorher sogar an dem anderen geliebt hat.

Die Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung, wenn sich in der aktuellen Arbeit gerade alles eingespielt hat.

Es ist das Swipen durch Dating-Apps, ohne dass man wirklich eine Beziehung sucht und die belanglosen Dates, von denen man schon vorher wusste, dass der andere eigentlich nicht sein Typ ist.

Der Sex, um nicht allein zu sein oder sich selbst zu bestätigen, dass man attraktiv und begehrt ist.

Es ist die Serie, die man nicht zur Seite legen kann, bis nicht auch die letzte Episode geschaut ist. Nur, damit man direkt mit der nächsten Staffel einer anderen beginnt.

All das ist es, das uns beschäftigt hält und uns von uns selbst ablenkt. Dinge, die uns nicht im Geringsten unserem eigenen Ziel näher bringen, sondern uns viel mehr davon ablenken und uns beschäftigt halten oder betäuben. Wir denken, dass wir alles tun müssten, um beruflich erfolgreich zu sein oder um den oder die Eine bis ans Ende unserer Kräfte und unserer Geduld kämpfen zu müssen. Uns komplett zu verausgaben. Nicht „vernünftig“ mit unserer Zeit zu haushalten und uns am Ende des Tages zu ärgern, wieder so unproduktiv gewesen zu sein, nur um es am nächsten Tag wieder genauso zu machen.

Chaos im Kopf

Was dahintersteckt sind eine Vielzahl kleiner Teufelchen und Stimmen auf unserer Schulter, die uns davon abhalten wollen uns zu unserem wahren Selbst zu entwickeln. Stimmen, die uns versuchen klein zu halten. Viel kleiner, als wir wirklich sind. Es ist unser inneres Orchesters, das die Ouvertüre der Selbstsabotage spielt.

“Wenn das jemand wüsste?“, zischt es in unserem Ohr.
„Du bist nicht genug.“
„Es gibt so viel zu tun.“
„Das wolltest du schon so lange mal machen.“
„Das gehört dazu, um ein guter Mann/eine gute Frau zu sein.“
“Du bist langweilig.”
“Du kannst noch viel mehr erreichen, wenn du dich jetzt richtig reinhängst.”
“Das Projekt verhilft dir zum Durchbruch.”
“Das wird von dir erwartet. Du musst das tun.”
„Wenn du das nicht tust, bist du nicht liebenswert.“
„Das darf nicht sein!“
“Du musst es verstecken.“
„Arbeite härter!“
„Die anderen schaffen das doch auch.“

Statt sich von diesen Stimmen beherrschen zu lassen, gilt es der Dirigent dieses verrückten Orchesters zu werden. Es gilt sie aufzudecken und sich mit ihnen auseinander zu setzen. Wo kommen sie her? Was wollen sie sagen? Sind sie Freund oder Feind? Wie kann ich mit ihnen umgehen? Wie weiß ich, dass ich mich gerade selbst sabotiere? Wer bin ICH und wenn ja wie viele?

Die Trennung, von dem was da in deinem Orbit schwirrt und dem, was du selbst bist und willst, ist das Geheimnis wahren Glücks. Alles abzulegen, dass nicht zu dir gehört und befreit von all dem leicht und beschwingt an deinen Herzensthemen arbeiten zu können.

Du musst dir das Ganze vorstellen wie eine enorme Last, die du jeden Tag mit dir herumschleppst. Vielleicht stellst du dir vor, wie all die kleinen Saboteure auf deinen Schultern oder deinem Rücken sitzen und so viel von deiner Energie in Anspruch nehmen, damit du sie auf deine Kosten durch dein Leben trägst. Jedes Teufelchen, dass du schaffst bloßzustellen, sodass es mit geknickten Haupt aufgibt und dich DEINES Weges ziehen lässt, bedeutet weniger Stimmenwirrwarr und widersprüchliche Gedanken in deinem Kopf. Wenn du nicht mehr ständig dafür sorgen musst, dein inneres Chaos zu sortieren, das die kleinen Saboteure in dir anrichten, erlebst du eine neue und vielleicht unbekannte Klarheit.

Ich für mich habe schon seit einer Weile an diesen Stimmen gearbeitet und viele davon identifiziert und kalt gestellt. Allerdings wurde mir erst in den letzten Tagen klar, dass es noch einige Stimmen gibt, die ich noch nicht entdeckt und beruhigt habe. Daher wartet auch hier für mich noch ein wenig Arbeit.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten sich diesen inneren Teufelchen zu nähern und sie zu eliminieren. Willst du mehr zu diesem Thema hören? Dann kommentier bitte unter diesem Post, damit ich weiß, ob du dieses Thema spannend findest.

 

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4 Gedanken zu „Tag 80:
Selbstsabotage
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    1. Danke für dein Feedback, Jessi. Im nächsten Beitrag habe ich dazu schon etwas geschrieben. Werde hier aber auch in den nächsten Tagen/Wochen noch weiter in die Tiefe gehen.

      Deine Lena

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