Tag 32:
Ich muss lernen loszulassen

Ich kann viele meiner Probleme im Leben in einem Wort zusammenfassen: Loslassen

Etwas bzw. jemanden loslassen zu können war schon immer eines meiner Grundprobleme. Meine Mama erzählt gern die Geschichte, wie ich als kleines Mädchen beim Einschlafen oft stundenlang ihren Finger festgehalten habe und sie neben meinem Bett sitzen bleiben musste, damit ich ruhig schlief. Ich realisiere erst jetzt, dass mein Unvermögen Männer loszulassen nicht in den Beziehungen selbst liegt, sondern dass jemanden oder etwas gehenzulassen mir seit meinen frühsten Kindheitstagen schwer fällt. Es ist wie ein roter Faden, der sich durch mein Leben zieht. Dieser Faden legt sich wie Fesseln um mich und nimmt mir meine Freiheit. In Beziehungen und Trennungssituationen kommt dieses Problem dann immer wieder aufs Neue an die Oberfläche und macht sich mit vollster Intensität bemerkbar. Ich habe mich daher entschlossen in nächster Zeit mit Nachdruck zu erforschen wo meine Angst vor dem Loslassen ihren Ursprung hat.

Mein Reibungspunkte mit dem Loslassen sind weniger diese oder jene Person gehen zu lassen. Viel mehr geht es um das Aufgeben der gemeinsam erlebten Momente und der Hoffnung in eine vereinte und glückliche Zukunft. Es ist weniger der Mensch, anstatt all die positiven Emotionen, die ich mit ihm verbinde und die ich um keinen Preis der Welt verlieren möchte. Außerdem ist es das Annehmen, dass es so wie es ist zu Ende ist. Das Aufbäumen meiner Emotionen in mir, bevor die unabwendbare Trennung eintritt, ist die Verlustangst in mir.

Was ich an Trennungssituationen immer wieder so belastend finde, ist die Hoffnung, die stirbt. Es ist die Traurigkeit darüber, dass ich meinem Bauchgefühl nicht im Geringsten vertrauen kann. Jedes Mal wenn ich einen Mann kennenlerne, hoffe ich, dass es dieses Mal endlich der Richtige sein möge. Ich setze all meine Zuversicht hinein und wünsche mir, dass sich dieses Mal alles zum Guten wenden wird. Ich glaube diese besondere Verbindung zu spüren und rede mir ein, dass die Person mir vom Schicksal geschickt wurde. Daher ist die eigentliche Herausforderung für mich mir einzugestehen, dass mein Gefühl mal wieder daneben lag. Und diese Erkenntnis tut jedes Mal aufs Neue weh. Eine Trennung ist die erneute Bestätigung, dass ich meinen eigenen Gefühlen nicht vertrauen kann. Sie lässt mich an meinem Urteilsvermögen zweifeln und stellt mich als Versager in die Ecke.

Außerdem macht mich jede Trennung vorsichtiger. Jeder weitere Schlussstrich, der gezogen wird, bestätigt meinen Glaubenssatz, dass Beziehungen anstrengend sind und sich diese Anstrengung nicht lohnt. Bei jedem neuen Beziehungsversuch entwickele ich eine noch stärkere Angst mich zu öffnen und zu binden. Nach jedem gescheiterten Anlauf, ziehe ich die Mauern noch ein bisschen höher. Vor allem deshalb, weil ich oft so viel emotionale Energie in die Person gesteckt habe und das Gefühl habe, dass mir dabei zunehmend die Puste ausgeht und mein Herz keine weitere Zurückweisung mehr verkraftet. Ich scanne daher meinen Gegenüber genau ab, suche nach Fehlern und Schwächen und gleiche diese mit den Trennungsgründen meiner letzten Beziehungen bzw. Beziehungsversuche ab. Statt mich einzulassen, klebe ich an meiner Anforderungsliste. Statt mich auf meine Gefühle zu verlassen, die mich schon zu oft enttäuscht haben, durchdenke ich alles.

Viele verschließen daher ihr Herz, sind unnahbar, distanziert oder bindungsunwillig und ziehen dadurch Personen an, denen es ähnlich geht. So viele von uns sind so verwundet. Bei so vielen von uns sind die alten Wunden noch nicht verheilt. Dass sich zwei Menschen mit offenen Herzen gegenüberstehen ist selten. Der Impuls sich vor erneuter Verletzung schützen zu müssen ist zu groß.

ABER: Mit all dem ist jetzt Schluss! Ich habe keine Lust mehr mein Herz zu verschließen. Ich habe keine Lust mehr die Schutzmauern hochzuziehen. Ich will mich nicht mehr von meiner Angst führen lassen und alles bis ins Detail abwägen und durchdenken. Ich will genießen und frei sowie selbstbestimmt leben!

Um das zu schaffen, muss ich lernen loszulassen. Das Loslassen umfasst verschiedene Ebenen, auf die ich in nächster Zeit genauer eingehen werde:

  1. Loslassen von Hoffnungen
  2. Loslassen von Erwartungen
  3. Loslassen von Ängsten

Zusammenfassend: Ich muss lernen im Jetzt zu leben, statt mich von erhofften Zukunftsprojektionen oder Verletzungen aus der Vergangenheit steuern zu lassen. Die Einsicht ist nicht neu. Ich habe vor Jahren einmal folgenden Satz für mich formuliert, den ich als Lebensmaxime ausgestellt habe:

„Mach deinen Frieden mit der Vergangenheit, genieße den Moment und sorge dich nicht um die Zukunft“ 

Und auch wenn ich weiß wie der Idealzustand aussieht, ist es doch immer wieder eine Herausforderung diesen zu leben. Wahrscheinlich deshalb, weil ich den ersten Teil der Handlungsaufforderung noch nicht abgeschlossen habe. Ich muss erst meine Vergangenheit reflektieren und meinen Frieden mit ihr machen, bevor ich dieses Mantra wirklich vollumfänglich leben kann.

 

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