Tag 17:
Die langweilige Zicke

Ich habe gestern Abend einen Artikel auf Bento gelesen, den ich mit euch teilen muss. Der Titel ist: “Das war der schlechteste Sex unseres Lebens!”. Sechs Menschen erzählen darin von ihren schlimmsten Sex-Erlebnissen. Besonders identifizieren konnte ich mich mit der Geschichte von Nele. Sie sagt, dass sie beim Sex oft nicht mitteilte was sie stört oder was sie nicht will, um nicht als „langweilige Zicke“ dazustehen. Der Begriff “langweilige Zicke” hallt mir immernoch in den Ohren.

Ich muss ehrlich sagen, dass es mir nie passiert ist, dass ich Dinge mit mir habe machen lassen, die ich nicht wollte. Wenn der Sex so richtig schlecht war oder ich mich dabei plötzlich nicht mehr danach fühlte, dann ist es auch schon passiert, dass ich mittendrin abgebrochen habe und gegangen bin. Und dennoch passt der Satz “Leider sage ich viel zu selten, was mich stört. Ich bin viel zu nett und möchte nicht als langweilige Zicke dastehen.“ trotzdem auch bei mir wie die Faust aufs Auge. Aber eher in dem Sinne, was mich zwischenmenschlich stört. Und anstatt zu sagen: „Ich nehme deine Versuche war, aber ich möchte (heute) nicht mir dir schlafen.“, lasse ich mich dann doch darauf ein. Zu früh, unüberlegt, mit einem flauen Gefühl in der Magengrube. Mehr, um dem anderen einen Gefallen zu tun, als es selbst wirklich zu wollen. So schlimm wird es schon nicht werden… Ich will nett sein und nicht als langweilig dastehen. Und auf keinen Fall als zickig oder anstrengend eingeschätzt werden. Und genau jetzt in diesem Moment merke ich: Ich bin zu oft zu nett! Und ich denke viel zu viel nach was andere über mich denken. Nett sein muss seine Grenzen haben – insbesondere wenn die Nettigkeiten mir selbst nicht gut tun. Was andere über mich denken, hat keine Relevanz, wenn es mir schadet.

Klar ist Sex, der nicht so richtig gewollt ist, weder tief noch bedeutungsvoll. Liebe Lena, da musst du dich jetzt auch nicht wundern… Und dennoch ist dieser “nicht so richtig gewollte Sex” ein schwieriges Thema.

Sexgöttin oder die betrogene Ehefrau?!

Genauso schwierig ist es mit Sex in Beziehungen. Die Diskussion, die der Satz: „Schatz, lass mal. Ich will heute nicht.“ anstößt, finde ich furchtbar. Was ist der Kompromiss wenn einer will und der andere nicht? Ein bisschen? Genau dieser Situation aus dem Weg zu gehen ist ein Grund warum ich Fernbeziehungen so mag – da kommt es in der Regel nicht zu solchen Situationen. Nach zwei Wochen des Nichtsehens, ist oft genug Lust angesammelt, dass wir es gerade noch so schaffen die Tür hinter uns zu schließen. 

Ich zweifele an mir. Bewerte ich Sex über? Kann ich auch einfach mal keine Lust haben ohne direkt als „langweilige Zicke“ abgestempelt zu werden? Was kann ich ablehnen und wie oft, wenn der andere eine große Sehnsucht danach hat? Ist es ok, wenn Sex nur ok ist? Sex der ok ist, führt bei durchschnittlichem Sexualbedürfnis nach meiner Ansicht direkt in die heiße Affäre, die das Abenteuer zurück ins Bett bringt. Deshalb habe ich Angst vor Sex, der nur so taugt. Ok-Sex ist für mich nicht hinnehmbar, sondern der Anfang vom Ende. Deshalb wollte ich immer lieber eine „Sexgöttin“ sein und alle Wünsche und Fantasien befriedigen. Ich dachte mir immer, dass dann für meinen Partner kein Grund mehr bestünde sich das heiße Schäferstündchen woanders zu suchen. Es war wie meine Versicherung in einer Welt, in der es keine Sicherheiten gibt. Denn Fremdgehen und Trennungen gelten heute längst nicht mehr als Seltenheit. Ich weiß nur nicht, was ich damit erzeugt habe.

Meine Beziehungen bzw. deren Vorstufen waren immer sehr schnell sehr körperlich. Hatte ich Sexdruck? Mit Sexdruck meine ich nicht untervögelt gewesen zu sein, sondern das Gefühl beweisen zu müssen, was ich in der Horizontale so alles kann. Habe ich dadurch Sex so sehr in den Vordergrund gerückt und überbewertet, dass das Gefühl und die Bedeutung dessen auf der Strecke geblieben sind? Hatte ich Sex, um mich zu beweisen, anstatt ihn zu genießen?

Genau deshalb will ich gerade mal gar keinen Sex haben, um zu schauen was dann passiert. Ich möchte aus meinen Fehlern lernen und erst einmal alle anderen Aspekte einer Persönlichkeit kennenlernen – Werte, Wünsche, Zukunftsvorstellungen, etc. Vor allem möchte ich zuerst eine Verbindung zu einem Menschen aufbauen, die auf mehr als Sex beruht. Ich bilde mir ein, dass ich somit testen kann, ob wir auch auf lange Sicht kompatibel sind. Insbesondere, weil die Häufigkeit der sexuellen Interaktionen im Verlauf von Langzeitbeziehungen sowieso meist rapide abnimmt. Und wenn wir zu Beginn keinen Sex haben, kann ich quasi den Sprung in die Zukunft machen und schauen ob wir auch dann noch miteinander klarkommen, wenn uns die Liebeshormone und unsere Instinkte nach den ersten zwei bis vier Jahren nicht mehr im Status des Dauerhigh belassen. Ganz schön rational für ein so emotionales Thema wie die Liebe, oder?

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4 Gedanken zu „Tag 17:
Die langweilige Zicke
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  1. Hey Lena!

    Ich finde deinen Blog super super gut!!
    98% deiner Gedanken könnten ganz genauso von mir stammen!!!
    Ich freue mich auf die nächsten ca. 350 Tage!!
    Vielleicht mache ich ja mit…

    Lieben Gruß aus Köln!
    Tine

    1. Liebe Tine,

      tausend Dank für deine Worte! 🙂

      Du bist herzlich eingeladen. Es gibt noch ein paar andere Mädels, die das überlegen. Wir können ja dann einen ONE YEAR NO GUY-Stammtisch oder Conference Call machen. 😉

      Hab noch einen schönen Abend.
      Deine Lena

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