Tag 169:
Ode an die Freu(n)de

Ich bin gerade in Bergen, Norwegen. Meine Freunde schlafen noch und ich habe zwischen all den Abenteuern, die wir hier erleben, endlich mal wieder Zeit ein wenig zu schreiben. Die letzten Wochen waren so prall gefüllt mit Eindrücken, Selbsterfahrung und neuen Erkenntnissen, die sich förmlich überschlugen. Ich wollte das alles erst einmal selbst spüren, bevor ich es auf’s digitale Papier und in die Außenwelt bringen konnte. Und ich war auch einfach so viel unterwegs, dass ich kaum Zeit dafür hatte, alles mal sacken zu lassen.

Mir geht es unglaublich gut. Ich weiß nicht, ob ich vorher in meinem Leben schon einmal so langanhaltend so glücklich war. Früher war mein Leben eine emotionale Achterbahnfahrt mit sich ständig abwechselnden Hochs und Tiefs. Mein ganzes Leben drehte sich bis vor dem Start meines OYNG-Experiments eigentlich immer nur um andere – Männer, die Außenwelt und was andere denken mögen. Seit fast 6 Monaten dreht es sich einfach mal nur um mich und darum, was mir gut tut. Ich fühle mich wahnsinnig befreit und so sehr in mir, dass es meine Freunde immer wieder überrascht wie entspannt und ausgeglichen ich heute bin.

Früher war ich immer die Komplizierte in der Runde. Heute bin ich so zufrieden und im Frieden mit mir, dass ich allem was kommt mit innerer Gelassenheit und einem Lächeln begegne. In meinem Leben geht es nicht ständig mehr um Männer und das macht alles so viel leichter. In meinem Leben geht es um das, worauf es wirklich ankommt – Menschen, mit denen ich gern Zeit verbringe – meine Freunde.

Wenn ich zurückdenke, dann dreht sich in meinem Leben seit dem ich 14 oder 15 Jahre alt war eigentlich alles um Männer und Dates. Wenn ich noch ein bisschen tiefer in noch früheren Erinnerungen krame, dann ging es eigentlich immer um Jungs. Welcher von denen mag mich? Bin ich schön genug, dass andere mich mögen? Bin ich „cool” und werde ich geliebt? Meine ganze Wahrnehmung war auf Annahme und Ablehnung ausgerichtet und ich sah alles unter dem Filter, den ich selbst (unbewusst) wählte.

Meine Freundinnen sind mit den vielen Namen und Geschichten schon damals nie hinterher gekommen und ich erinnere mich zugern daran, wie wir die ersten zwei Unterrichtsstunden am Montag – zurück nach bewegten Wochenenden – erst einmal für gegnseitige Updates nutzten, statt uns die Chemieformeln an der Tafel genauer anzuschauen.

Und genauso ging mein Leben weiter. Mein ganzes Sein drehte sich bis zum 03.12.2018 immer nur um Männer und deren Einfluss auf mein Leben. So viel meiner Zeit verwendete ich darauf darüber nachzudenken, was ich wohl tun müsste, um diesem oder jenem Mann zu gefallen oder was vielleicht gerade in ihm vorgehen mag, weil er sich nicht oder zu oft meldete. Meine ganze Gedankenwelt hatte ihren Fokus auf das Thema „Männer“ ausgerichtet und wie ich sie dazu bringen würde, mich zu mögen. Mein erster Gedanke beim Aufwachen und mein letzter Gedanke vorm Einschlafen drehte sich um sie. So oft kalkulierte ich wie nahbar oder unnahbar ich sein sollte und ob jetzt der „richtige“ Zeitpunkt wäre mich zu melden. All das tat ich anstatt einfach so zu sein wie ich bin, mich mit meinen Eigenheiten anzunehmen und darauf zu vertrauen, dass es auch einen anderen Menschen geben wird, der mein Wesen faszinierend findet und mich liebt wie ich bin.

Je mehr ich lerne mich selbst anzunehmen, desto weniger wichtig ist es mir von anderen angenommen zu werden. Ich ziele nicht mehr darauf ob von allen gemocht zu werden und das tut wahnsinnig gut. Früher war mein krampfhaftes Streben angenommen zu sein ein Ausgleich dafür, dass ich mich in meinem Inneren nicht angenommen fühlte – weder von mir selbst noch von meinen engen Bindungspersonen. Und je weniger Selbstannahme ich in mir verspürte, desto mehr suchte ich danach im Außen. Ich hoffte darauf von anderen angenommen zu werden, weil ich nur auf diesem Weg – zumindest für kurze Zeiten – spüren konnte, gut genug zu sein.

Deshalb suchte ich auch immer so krampfhaft nach der Liebe von Männern und einem, der mich endlich will. Es war meine Suche danach, das Gefühl das Angenommenseins dauerhaft in meinem Leben zu verankern. Und ich verstehe heute auch, warum das Schicksal mir immer die Exemplare geschickt hat, die dies nicht taten. Hätte ich diesen Mann tatsächlich gefunden, bevor ich gelernt habe mich selbst anzunehmen, wäre es nur wie ein Pflaster auf die Wunde gewesen, die fortwährend weiter geblutet hätte. Wenn ich mich in solch eine Beziehung gefunden hätte, wäre es eine abhängige Beziehung gewesen, weil ich davon abhängig gewesen wäre, dass mir der andere fortwährend die Liebe, Aufmerksamkeit und Annahme entgegen brächte, die ich selbst nicht in der Lage war mir zu geben. Ich musste zuerst lernen mich selbst anzunehmen und zu lieben – in guten wie in schlechten Zeiten.

Meine Auszeit war daher genau die richtige Entscheidung. Es hat schon nach sehr kurzer Zeit wahnsinnig viel geklärt. Meine größte Sorge war es immer einsam zu sein und dies auch für immer zu bleiben. Heute fühle ich mich allerdings alles andere als einsam. Ich verbringe so viel Zeit mit meinen Freunden, Reise, knüpfe neue Kontakte, bin bei Strahlewetter ständig auf Tour mit meinem Rennrad und tanze die Nächte durch. Gerade bin ich wie in meiner zweiten Pubertät. Ich entdecke mich und die Welt um mich herum komplett neu. Und was mir bei all dem wahnsinnig hilft sind meine wundervollen Freunde. Ich weiß, dass einige von euch meinen Blog mitlesen. Was wäre ich ohne euch – in guten wie in schlechten Zeiten! Ihr gebt mir Halt, Zuversicht und Stärke. Ihr steigt mit mir auf die höchsten Berge und durchschreitet mit mir jedes noch so finstere Tal. Ob mit Tee oder Gin Tonic – ihr spült mit mir jeden Trübsinn weg. Ich bin wahnsinnig dankbar euch zu haben! Vielen Dank, dass ihr mein Leben bereichert, dass ihr mit mir jeden Quatsch mitmacht und meine Eigenheiten aushaltet. In den letzten Monaten habe ich gemerkt, wie reich ich gesegnet bin und wie erfüllt mein Leben ist – mit euch. Ich bin alles andere als einsam. Ich habe euch. Und ich bin dankbar, dass ich dies die letzten Monate noch einmal aufs Neue und auf einer viel tieferen Ebene erkennen durfte. Deshalb ist dies eine Ode an euch – meine Freunde und Freude in meinem Leben. Danke, dass es euch gibt! 🙂

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