Tag 148:
Großes Herz und große Liebe

Heute hat mich auf’s Neue ein Muthafen-Post inspiriert, der bei mir einschlug wie eine Bombe und den ich gern weiterdenken möchte:

„Das große Herz hat großen Raum für große Sehnsucht“

Ein großes Herz zu haben ist wunderschön und darin der Liebe ein Zuhause zu geben ist noch schöner. Doch wie leicht können große Herzen angesichts der Kälte und Unnahbarkeit in dieser Welt verzweifeln und an den Rand des Zerbrechens geraten?

Ein großes Herz zu haben, bedeutet in großem Maße liebesfähig zu sein. Gleichzeitig ist es aber nicht damit gleichzusetzen, sich nicht abgrenzen zu dürfen und Beziehungen im Sinne von „komme was wolle“ weiterführen zu müssen. Ein großes Herz zu haben, bedeutet zu lieben, egal ob die Liebe auf physischer Ebene Bestand hat. Und genau darauf möchte ich im heutigen Post genauer eingehen.

Jedes Mal, wenn ein großes und weit geöffnetes Herz auf einen Menschen trifft der verschlossen ist und mit seinen Emotionen (ins. der Liebe) nicht zu sehr in Kontakt kommen möchte, besteht das Risiko, dass zwei Welten unangenehm aufeinander prallen. Insbesondere große Herzen, die das Verschließen der eigenen Emotionen oft nicht nachvollziehen können, können darunter wahnsinnig leiden, während der andere, eher verschlossene Mensch, einfach weiter seinen Weg geht und kaum tangiert davon sein Leben weiterführt. Wie oft habe ich mein Herz geöffnet und bin an der Kälte und Mauer der Gegenseite abgeprallt? Wie viel Schmerz habe ich durchlebt, weil ich immer wieder versucht habe, ein Herz zu öffnen, statt mich mit Menschen zu umgeben, die bereits ein geöffnetes Herz haben?

Ich habe mir daher ein neues Mantra überlegt, dass mich in solchen Situationen stärken soll. Dieses sage ich jedes Mal innerlich auf, wenn mein Herz auf einen verschlossenen oder spürbar mit sich kämpfendem Menschen trifft:

“Ich liebe dich. Du bist vollkommen. Ich vergebe dir und ich segne dich. Bitte verzeih auch mir, denn es tut mir leid. Für deinen Weg wünsche ich dir alles Gute!” 

Versuch es gern einmal aus. Du wirst spüren, dass sich die Beziehung und das Miteinander verbessern, wenn du dieses Mantra nicht nur sagst, sondern auch wirklich meinst und fühlst. Es öffnet dein Herz ohne Verantwortung für den anderen und sein tun bzw. seinen Weg zu übernehmen. Es ist befreiend und gleichzeitig erlösend.

Ein großes Herz ist ein Geschenk und ein großer Segen, aber es kann sich leider auch manchmal wie ein Fluch anfühlen. Dieses große Herz gibt sich nicht mit einer oberflächlichen Liebe zufrieden, die es nur wenig erfüllt. Es sucht nach Erfüllung in der großen Liebe. Kleine Flammen sind schön und gut und oftmals nutzt es die Glut, die es sieht und versucht daraus ein Feuer zu erzeugen. Aber es birgt leider deshalb auch die Gefahr, dass es enttäuscht wird und unerfüllt zurückbleibt. Dass die Liebe der Gegenseite, die eher auf Sparflamme lodert, nicht in ein großes Lagerfeuer umgewandelt werden kann. Es verkörpert die beflissene Suche nach einer Liebe, die tiefer geht und mehr bedeutet. Nur das, was dieses Herz sucht, gibt es nicht an jeder Ecke. Es wird einem geschenkt – ganz plötzlich und auf einmal ist es da. Unerwartet und tief zugleich.

Es sind die Menschen, die man trifft und mit denen man sofort diese besondere Verbindung spürt. Es ist die Liebe auf den ersten Blick, bei der nicht die Frage ist, ob man sich näher kennenlernen möchte – es gibt tatsächlich gar keine andere Option. Es ist zwischenmenschlicher Magnetismus und ein Interesse für den anderen auf wirklich tiefer und diverser Art und Weise. Es ist die Verbindung zwischen zwei Menschen, die mit einem offenem Herz durch die Welt gehen und deren Herzen sich in dieser Offenheit erkennen. Es ist die große Liebe, die nicht bedeutet, dass es die Liebe des Lebens sein muss. Es ist einfach eine Verbindung, die gemacht ist, um zu bleiben.

Genau dieser Aspekt ist so wichtig zu verstehen. Jeder Mensch hat eine ganz unterschiedliche Vorstellung der Liebe. Ein „Ich liebe dich“ hat für den einen eine ganz andere Bedeutung als für den anderen. Jeder Mensch ist gleich liebesfähig und liebenswürdig, aber manche wollen die Liebe nicht in entsprechender Tiefe in ihr Leben lassen, wie Menschen mit einem großen Herz sich das wünschen. Sie wollen von diesen Gefühlen nicht zu sehr tangiert und aus ihrer eigenen Bahn geworfen werden. Sie entscheiden sich aus Schutz dafür, sich lieber nicht zu tief einzulassen.

Oft habe ich versucht mich diesen Männern anzunehmen, ihnen mit Liebe und einem offenen Herzen zu begegnen und so aus anfänglicher Glut Liebe zu entfachen. Es gab wenige Male aus denen sich daraus tatsächlich eine stabile und bereichernde Form der Liebe entwickelt hat. Meine erste große Liebe war tatsächlich so ein Fall. Ich erinnere mich daran wie ich in den ersten Wochen und Monaten unseres Kennenlernens oft neben ihm lag und mich furchtbar einsam gefühlt habe, weil er so unnahbar und distanziert war. Aber ich gab nicht auf. Ich zeigte ihm was Liebe ist und weichte die Mauer um sein Herz so Stück für Stück auf. Nur war dies auch genau der Hintergrund für das Ende der Beziehung. Es war nicht so, dass er die Transformation wirklich in sich durchgemacht hätte. Er hat mit mir nur etwas anders gemacht. Und sobald ich mich von ihm distanzierte, versteckte er sich wieder hinter seiner Mauer und war für mich nicht mehr erreichbar. Eine sehr kräftezehrende Zeit…

Versteh mich bitte nicht falsch: Ich glaube fest daran, dass sich Menschen öffnen und ändern können. Ich glaube nur, dass sie diesen Wandel in sich selbst vollziehen müssen und es nicht ausreicht, wenn sie nur etwas anders machen. Und dieser innere Wandel braucht Zeit und Raum.

Früher dachte ich immer: “Ich müsste machen“ und es läge bei mir, die Menschen für die Liebe zu öffnen. Dies war mehr oder weniger meine Familienbürde. Heute und vor allem nach meiner Coaching-Ausbildung und dem Lesen von bestimmten Büchern in dem Bereich, glaube ich fest daran, dass jeder Mensch all das in sich trägt, was er braucht, um diese Entwicklung für sich selbst zu realisieren. Unter Umständen kann ihm externe Unterstützung dabei helfen. Aber nur weil ich Ärztin bin, heißt das aber nicht, dass ich auch in meinem Privatleben jeden therapieren muss. Ganz im Gegenteil: Jeder Mensch ist so vollkommen wie er ist. Ich kann bzw. bin dabei zu lernen jeden Menschen so zu lieben, wie er ist. Das heißt aber nicht, dass ich mit dem Verhalten, das sich jeder Mensch individuell aussucht, gut klarkomme und klarkommen muss. Ich muss Grenzüberschreitungen nicht akzeptieren, nur weil ich die Person bedingungslos liebe. Ich darf Nein sagen und ich darf mich und meine Werte verteidigen. Es gibt Menschen, deren Lebensführung und -vorstellung einfach nicht mit der meinen zusammenpasst. Das einzusehen und zu akzeptieren ist wichtig. Das heißt nicht, dass dieser Mensch schlecht oder mangelhaft wäre, man passt nur einfach nicht zueinander. Und in den meisten Fällen hat es auch keinen Sinn das beeinflussen und verändern zu wollen. Man investiert nur sehr viel Zeit und Kraft, nur um dann am Ende zu realisieren, dass das Miteinander auf dieser tiefen Eben nicht in Schwung kommt.

Oft habe ich versucht den Verbindungen mit Menschen und ins. Männern meinen Willen aufzudrängen und Beziehungen oder Situationen so zu manipulieren, wie ich mir deren Ausgang gewünscht habe. Beziehungen, die sich einfach und Schritt für Schritt entwickelten, kannte ich nicht. Stattdessen kämpfte ich unablässig für das, was ich mir selbst in meinen illusorischen Fantasien als Zielbild ausgemalt hatte. Es fiel mir immer wahnsinnig schwer zu vertrauen und dem Ganzen die Zeit zu geben, dass es mir seinen Sinn offenbaren konnte. Ich war in größtem Maß ungeduldig.

Manche Menschen kommen einfach nur in unserer Leben, damit wir weiter wachsen und lernen können. Und auch, wenn wir selbst eine andere Vorstellung von dem Ausgang dieser Beziehung hatten, gilt es darin zu vertrauen, dass das Schicksal, Gott oder wie auch immer du es nennen möchtest, dieser Verbindung eine Bestimmung gegeben hat, deren Sinn erfüllt werden wird, wenn du dem Lauf der Dinge vertraust. Ich bin heute froh und dankbar, über jeden Mensch mit verschlossenem Herzen, der in mein Leben kommt – nicht weil es an mir ist, sein Herz zu öffnen, sondern dass es mir die Chance gibt mein Herz noch weiter zu öffnen und noch bedingungsloser zu lieben.

Ein großes Herz wird nicht nur durch Gegenliebe erfüllt. Ein großes Herz liebt einfach nur der Liebe wegen. Die Kunst der Liebe ist zu lieben, ohne zu erwarten dafür geliebt zu werden. Und wenn es sich dennoch manchmal leer fühlt, dann liegt es an der Person selbst dieses Herz mit zwischenmenschlicher Liebe zu füllen und nicht auf die eine partnerschaftliche Liebe zu warten, die diesem Zwecke dienen soll. Denn wann diese tiefe Verbindung kommt, die wirklich diese tiefe Form der Liebe verkörpert, weiß nur das Schicksal und solange wir im Außen suchen, glauben wir, dass wir nur durch einen anderen Menschen vollkommen sein können. Doch dies ist eine Illusion. Jeder Mensch ist vollkommen und dann gibt es zwei vollkommene Menschen, die sich nicht nur lieben, sondern auch wundervoll zusammenpassen. Vertraue darauf, dass dieser Mensch bzw. diese Menschen jeweils zur richtigen Zeit in dein Leben kommen werden und übe dich bis dahin in der Öffnung deines Herzens – einer wichtigen Grundlage für eine langfristig glückliche Beziehung und wahre Liebe.

 

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