Tag 129:
Ich wünschte mir…

Immer wenn ich zurück in Berlin bin, überkommt mich dieses melancholische Gefühl. Berlin – die Stadt meiner Studienzeit, des Erwachsenwerdens, der unendlichen Möglichkeiten, der Liebe und der Schmerzen. Ich erinnere mich an all diese Zeiten und ich wünschte mir…

Ich wünschte mir, dass ich schon viel früher hätte aus meinem Hamsterrad aussteigen können.

Ich wünschte mir, dass ich in der Lage gewesen wäre, im Moment zu leben, anstatt immer nur in die Zukunft gerichtet zu streben.

Ich wünschte mir, dass ich damals in der Lage gewesen wäre, die Lebensphase auszukosten, in der ich gerade war und mich mit den Menschen zu umgeben, die diese Lebensphase mit mir teilten, anstatt die Menschen anzuhimmeln, die schon dort waren, wo ich hinwollte.

Ich wünschte mir, dass ich mich hätte so annehmen können, wie ich bin.

Ich wünschte mir, dass ich hätte den Weg zum Ziel genießen können, anstatt zu versuchen all dies mit einem riesigen Sprung zu übergehen.

Ich wünschte mir, dass ich mit weniger zufrieden gewesen wäre.

Ich wünschte mir, dass ich meine Jugend frei und ohne Sorgen gelebt hätte, dass ich mehr Parties und mehr schlaflose Nächte zelebriert hätte, dass ich mich morgens totmüde in die Vorlesung gesetzt hätte, weil ich die Zeit mit meinen Freunden als wichtiger empfand als die Wissensvermittlung in der Uni und ich wünschte mir, dass ich mir getraut hätte eine Prüfung einfach nur zu bestehen, anstatt immer die Bestnote erreichen zu wollen.

Ich wünschte mir, dass ich meinen Kopf nicht immer hinter Büchern, sondern viel öfter in die Sonne gehalten hätte. Ich wünschte mir, dass ich mir viel öfter Tage des Nichtstun, des Faulenzen und des Hedonismus gegönnt hätte, statt erst meinen ganzen Fokus darauf zu richten ein Stipendium zu bekommen und danach es zu behalten.

Ich wünschte mir, dass ich den Hobbies nachgegangen wäre, die mich begeistert haben und nicht nur den Dingen, die ich in meinen Lern- und Uniplan integrieren konnte.

Ich wünschte mir, dass ich schon viel früher erkannt hätte wer ich bin und was ich will.

Ich wünschte mir, dass ich nicht so lange versucht hätte meinen Selbstwert über Bestleistungen zu erhöhen, sondern schon viel früher angefangen hätte, mich selbst zu lieben.

Ich wünschte mir, dass ich die innere Freiheit und den inneren Frieden schon vor 10 Jahren in mir getragen hätte.

Ich wünschte mir, dass ich meine Kindheitsthemen schon viel früher ausgesöhnt hätte, anstatt mir einen Lebensstil anzueignen, der darauf ausgerichtet war nicht in Kontakt mit den Wunden zu kommen, die ich in mir spürte.

Ich wünschte mir so viel. Und gleichzeitig bin ich unfassbar glücklich, dass ich all dies heute schon im Alter von 29 Jahren erkenne – an einem Punkt in meinem Leben, in dem alles noch veränderlich und beeinflussbar ist. Ich bin glücklich, dass ich all das reflektieren und verändern kann. Ich bin glücklich ob der falschen Pfade, die mich erkennen lassen was die richtigen Wege für mich sind. Und ich bin glücklich, dass ich heute hier zurück bin und als anderer Mensch mit ganz anderen Perspektiven auf all das schaue.

Das Leben ist wunderschön. Es will gelebt und genossen werden – im Jetzt und im Hier. Ich traue mich – jeden Tag ein Stückchen mehr.

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