Tag 12:
Ich mach’s mir selbst

Viele von euch Fragen mich immer wieder wie ich es aushalte keinen Sex zu haben. Ich glaube, alle anderen machen sich mehr Gedanken darum als ich selbst. Ja, ich habe Fantasien und sie sind wilder und intensiver als ich mir sie wünschte. Insbesondere abends im Bett sehne ich mich manchmal danach, dass ich mich dort nicht allein durch die Laken wälzen würde. Dass da jemand wäre, der für meine “Erfüllung” sorgt. Eine kleine Prise Oxytocin vor dem Einschlafen.

Ich kann euch beruhigen: Ja, ich darf mich selbst befriedigen und ja, ich tue es auch. Ich kaufe aber weder jeden zweiten Tag eine neue Vorratspackung Batterien, noch habe ich Muskelkater in den Fingern. Ich liebe mich einfach selbst! Und wenn ich von „lieben” spreche, meine ich nicht nur Selbstbefriedigung und die Erfüllung durch Spielzeug. Ich liebe mich v.a. auf emotionaler Ebene selbst.

“Was meint sie denn nun schon wieder damit?”, werden sich manche von euch vielleicht fragen.

Nun ja, ich habe mich einfach selbst lieb. Ich nehme mir Zeit für mich, achte auf meine Bedürfnisse und kuschele abends nach dem Yoga oder morgens vorm Aufstehen noch ein bisschen mit mir selbst.

“Äh, bitte? Und das funktioniert wie?”

Ich nehme mich einfach selbst in den Arm und bin für mich da. Klingt jetzt wahrscheinlich eigenartig, wenn man das noch nie gemacht hat. Ich schenke mir selbst Liebe, anstatt im Außen danach zu suchen. Ich meditiere und bin bei mir und bei meinen Gefühlen. Ich nehme mir Zeit mich und meinen ganzen Körper zu spüren, anstatt mich darauf zu fokussieren der Sehnsucht nachzugehen und mir vorzustellen wie es wäre Hände auf meinen Brüsten und einen Penis in mir zu haben.

Ich meditiere seit 5,5 Jahren. Ich habe es in Indien gelernt. Die Technik, die ich praktiziere heißt Vipassana-Meditation und geht angeblich zurück auf die Lehren und Praktiken Buddhas. Vipassa-Meditation zu lernen heißt 10 Tage Schweigen. 10 Tage weder verbale noch nonverbale Kommunikation, weder lesen noch schreiben, keine Telefonate und das Handy wird auch am Eingang abgegeben. 10 Tage 4 Uhr aufstehen und bis 21 Uhr – inklusive ein paar Pausen – meditieren. 10 Tage wirklich nur mit sich sein. Eine krasse, wundervolle und bewusstseinserweiternde Erfahrung. Ich habe das Ganze jetzt schon zweimal gemacht. Nach dieser Zeit fühlte ich mich immer wie der glücklichste Mensch. Meditieren tut mir gut, erdet mich, gibt mir Kraft, schenkt mir Energie, hilft mir mich zu fokussieren und unterstützt mich meine Bedürfnisse zu spüren bzw. mein Verlangen und meine Sehnsüchte ziehen zu lassen.

Wirft mich gerade etwas aus der Bahn, meditiere ich. Bin ich unruhig, setze mich hin und kreuze meine Beine. Überkommt mich mein Verlangen und hört gar nicht mehr auf, dann weiß ich, dass es nicht nur die Orgasmen oder der Sex sind, nach denen ich mich sehne, sondern die Verbindung zu mir selbst. Guter Sex ist Verbindung. Für guten Sex musst du dich und deine Bedürfnisse allerdings zuerst selbst kennen und spüren. Eine bloße Abfolge von Orgasmen macht nicht glücklich. Es löst Spannungen und hilft beim Einschlafen, es lässt das Blut kurz aufkochen und die Sinne vernebeln, es befriedigt und macht glücklich. Orgasmen allein haben allerdings nur einen kurzfristigen Effekt, denn die Halbwertszeit vom Orgasmushormon Oxytocin ist gering.

Um mich in Zukunft nur noch der Art von Sex und die Liebe zu ernähren, die mir gut tut, muss ich autark im Lieben werden. Ich muss mich selbst so lieben können, wie ich es mir von einer anderen Person wünsche. Nur wenn ich das schaffe, gerate ich in keine Abhängigkeiten. Ich hatte zu oft Sex, weil ich Nähe wollte. Ich hatte zu viel Sex in der Hoffnung auf Liebe. Ich mach’s mir jetzt erstmal selbst – Sex, Nähe und Liebe. Und wenn ich weiß, dass ich mich damit selbst versorgen kann, lasse ich mich auch hoffentlich nicht mehr aus den falschen Gründen auf die noch nicht so ganz richtigen Männer ein. Ich hoffe dann im Realitätstest mehr Geduld zu haben. Wenn ich mich rundum selbst liebe, dann bin ich mir selbst genug. Ich bin weder im Außen noch im „Gib mir!“. Stattdessen bin ich in mir und im „Ich habe!“. Wenn ich das schaffe, brauche ich keine Sorgen mehr haben, die Person, die mir gerade begonnen hat Nähe zu geben, zu verlieren. Ich kann mich dann darauf konzentrieren die Person in mein Leben zu lassen, die ich möchte, statt die, die ich gerade brauche.

Eine liebe Leserin hat mir vor kurzem einen Spruch geschickt, der das ganze wundervoll beschreibt und zusammenfasst. Ich habe mich darin selbst wiedererkannt:

“Du musst dich erst selbst lieben. Ansonsten nimmst du nur die Liebe, die du von der anderen Person bekommst und stellst sie über alles. Die Angst die Person zu verlieren und somit auch die Liebe ist dann viel größer.”

Ich spüre jetzt mal weiter in mich hinein. Namaste!

 

 

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2 Gedanken zu „Tag 12:
Ich mach’s mir selbst
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  1. Heute habe ich angefangen deinen Blog zu lesen und bin sehr angetan. Bitte! Bringe deine Zeilen als Buch heraus, ich will mir sovieles unterstreichen und merken.

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